VTF-Kenngrößen und Beobachtungsmodi
Kanäle
Das VTF verfügt über zwei optische Kanäle, über welche die Sonnenoberfläche simultan abgebildet wird: einen Spektrometerkanal (narrow band channel, NBC) und einen Kontinuumskanal (broad band channel, BBC).
Der Spektrometerkanal unterstützt folgende Messungen:
- Polarimetrische Abbildung (Spektropolarimetrie)
- Sichtlinienfelder (Stokes I und V)
- Vektorfelder (Stokes I, Q, U, V)
- Doppler-Abbildung (Spektroskopie)
- Intensitätsabbildung (monochromatische Abbildung bei fester Wellenlänge und 6 pm Bandbreite)
Im Kontinuumskanal wird dasselbe Gesichtsfeld strikt simultan mit derselben räumlichen Auflösung, Belichtungszeit und Bildrate aufgenommen wie im Spektrometerkanal. Der Wellenlängenbereich im Kontinuumskanal wird durch ein Vorfilter mit 1 - 2 nm Bandbreite in der Nähe des Spektrometerkanals gewählt. Der Lichtstrom im Kontinuumskanal wird gegebenenfalls mit gekreutzten Polarisatoren dem dynamischen Bereich der Kamera angepasst. Mit den Bildern des Kontinuumskanals können dynamische Veränderungen der Beobachtungsbedingungen erkannt und die Spektrometerdaten entsprechend korrigiert werden.
Gesichtsfeld und räumliche Auflösung
Das Gesichtsfeld des VTF ist begrenzt durch einen Kreis mit einem Durchmesser von 60 Bogensekunden (43 000 km auf der Sonnenoberfläche).
Die räumliche Auflösung ist durch die Kamerapixelgröße festgelegt und beträgt 0,014 Bogensekunden/pixel. Damit wird im Spektralbereich bei 520 nm die Beugungsgrenze des DKIST (0,028 arcsec) kritisch aufgelöst.
Spektraler Bereich und spektrale Auflösung
Der gesamte Spektralbereich des voll ausgebauten VTF ist 520 - 870 nm. Der freie Spektralbereich der Kombination Etalon 1 + Etalon 2 ist 0,5 nm (bei 520 nm) bzw. 1,0nm (bei 870 nm).
Im anfänglichen Betrieb des VTF mit einem Etalon ist der Spektralbereicheingschränkt auf 585 - 870 nm. Der freie Spektralbereich beträgt dann zunächst nur 0,14 nm (bei 520 nm) bzw. 0,3 nm (bei 870 nm).
Jedes Wellenlängenintervall innerhalb des gesamten Spektralbereichs kann mithilfe eines Vorfilters, dessen Bandbreite den freien Spektralbereich nicht überschreiten darf, ausgewählt werden. Der nutzbare Scanbereich entspricht daher der Bandbreite des Vorfilters. Die Vorfilter haben einen Durchmesser von 60 mm und sind in der Nähe des ersten Instrumentenfokus montiert.
Die spektrale Auflösung des VTF ist 6 pm bei 600 nm (R = 100 000).
Vorfilter für ausgewählte Spektrallinien:
Wellenlänge | Anwendung | Landé-Faktor | Bemerkungen |
Fe I 525,02 nm | Photosphäre | 3 | Nicht für 1 ET |
Fe I 630,25 nm | Photosphäre | 2,5 | |
Ha 656,3 nm | Chromosphäre | 0 | |
Ca II 854,2 nm | Chromosphäre | 1 |
Polarimetrisches Leistungsvermögen und Präzision
Das VTF ermöglicht die polarimetrische Messungen aller vier Stokes-Parameter in zwei Kanälen. Orthogonale Polarisationszustände werden dabei simultan gemessen, um ein Übersprechen zwischen Stokes-Parametern aufgrund von Seeing zu vermeiden. Für Spektrallinien mit einem großen Zemman-Aufspaltung (Landé-Faktor ≥ 2,5) erreicht das Instrument eine intrinsische Präzision von 3 x 10-3 P/Icont für jeden Stokes-Parameter U, Q, oder V. Dazu muss ein Signal-Rausch-Verhältnis von 650 für das Photonenrauschen erreicht werden. Auf der Grundlage des Photonenbudgets für DKIST und VTF erfordert dies eine Belichtungszeit von 0,2 s oder acht Wiederholungen von elemetaren Belichtungen mit 0,025 s.
Die Modulation der Polarisation erfolgt mit einem Flüssigkristall-Retarder, die Analyse mit einem polarisierenden Strahlteiler.
Beobachtungsmodi
Folgende Parameter definieren einen Beobachtungsmodus:
- Modus des Spektrometerkanals (siehe oben)
- Zahl der Wiederholungen von Belichtungen pro Polarisationszustand und spektralem Schritt
- Spektrale Schrittweite
- Scanmuster
- Binning von Kamerapixeln
Vorgabemodus: Spektropolarimetrie Vektorfelder, 8 Wiederholungen, dichte spektrale Schrittweite, verschachteltes Scanmuster mit äquidistanten Schritten, kein Binning.
Folgende Modi werden unterstützt:
- Zahl der Wiederholungen: beliebig. Eine große Zahl erniedrigt die Kadenz.
- Spectrale Schrittweite:
- kritisch: 3 pm äquidistant
- nichäquidistant: über benutzerdefinierte Wellenlängen innerhalb des Scanbereichs
- unterkritisch benutzerdefiniert äquidistant (für starke chromosphärische Linien)
- Scanmuster:
- verschachtelt (Start am roten Ende, Sprung zum blauen Ende, hin und her bis zur Mitte des Scanbereichs)
- monoton von rot nach blau
- Kamerapixel-Binning (identisch für alle Kameras):
- 2x2
- 3x3
- 4x4
- Zahl der Spektralbereiche:
- in das Filterrad können bis zu neun Vorfilter montiert werden.
Zeitliche Kadenz
Die zeitliche Kadenz (zeitlicher Abstand zwischen zwei aufeinander folgenden Scans) hängt vom Betriebsmodus und dem gewünschten Signal-Rausch-Verhältnis ab.
Kadenzgleichungen:
- Für Beobachtungen einer einzelnen Linie: T line = n λ ⋅ ( n k ⋅ (t e + t s) ⋅ n j + t w )
- Für Beobachtungen mit nf Vorfiltern: T tot = ∑ f =1 n f nλ,f ⋅ (nk,f ⋅ ( te + ts) ⋅ nj + tw ) + (nf − 1) ⋅ tf
Vorgaben für Spektropolarimetrie:
- nk = 8 (1 - 12, Zahl der Wiederholungen)
- nj = 4 (Fest, Polarisationszustände)
- nl =12 (Wellenlängen pro Scan, 9 - 51, linienabhängig)
- nf ≥ 1 (Zahl der Vorfilter im Beobachtungsprogramm)
- te = 25 ms (Belichtungszeit)
- ts = 9,0 ms (Modulator Schaltzeit)
- tw = 34,0 ms (Etalon Einstellzeit, ist 0 wenn nl =1, d. h., für Intensitätsabbildung)
- tf = 2000 ms (Vorfilter Wechselzeit)
twait= 2000 ms - Tline (Wartezeit zwischen aufeinanderfolgende Vorfilterwechsel wenn Tline < 2 s)
twait= 0 ms (Wartezeit für Tline ≥ 2 s)
te+ts = tw = 34.0 ms, to stay in sync with camera readout te can be shortened, if needed, but cadence will not change. Frame cycle time = 34.0 m (frame rate = 29.41 Hz)
With the above values for ts, te, andtw, and for a single spectral line, the timing equation simplifies to
Tline = [nk x nj + 1] x nl
Beispiele
Für einen einzelnen Spektralbereich:
- Intensity Imaging, burst of 50 images (tw=0): T = 1.67 s
- Doppler Imaging:
- Chromosphere: 51 wavelength points, 1 exposure per wavelength: 3.4 s
- Photosphere: 12 wavelength points, 4 exposures per wavelength: 2.0 s
- Spectropolarimetric img: 11 wavelength points, 4 pol. states, 8 repetitions (->3 x 10-3 P/Icont) : 12.3 s
- 1 ET: 11 wavelength points, 4 pol. states, 10 repetitions (->3 x 10-3 P/Icont) : 15.3 s
Für mehrere Spektralbereiche:
- Intensity Imaging, burst of 50 images (tw=0), 3 different pre-filters: [1,67 + 2,0 + (2,0-1,67)] x 3 = 12,0 s
- Doppler imaging, Chromosphere, 51 wavelength points, 1 exposure per wavelength, 3 lines: [3,4 + 2,0 + 0] x 3 = 16,2 s
- Spectropolarimetric img: 4 pol. states, 8 repetitions, Na I 589 (25 positions), Fe 630,25 (11 positions), Ca 854 (21 positions): 68,1 s
Betriebsbeispiele
Wissenschaftliches Ziel: Wellen in der Sonnenatmosphäre; Kopplung zwischen Photosphäre und Chromosphäre
- Betriebsmodus Polarimetrische Abbildung in zwei Linien, 630,25 nm (Photosphäre), 854,1 nm (Chromosphäre)
- Betriebsparameter wie Vorgabe (s. oben)
- Kadenz 37,9 s
- Gesamtdauer 60 Minuten mit 95 kompletten Stokes-Spektren
- Datenmenge 95 * 11,8 GB = 3.4 TB
- Optionen
- 2x2 Binning für 854,1 für besseres SNR
- nichtäquidistante spektrale Scans für bessere Abdeckung der Linienflügel
Wissenschaftliches Ziel: Magneto-Konvektion in der Photosphäre
- Betriebsmodus Polarimetrische Abbildung in einer Linie, 630,25 nm (Photosphäre)
- Betriebsparameter wie Vorgabe (s. oben)
- Kadenz 12,3 s
- Gesamtdauer 60 min (295 2D Stokes Spektren)
- Datenmenge 295 Datensätze * 11,8 GB = 10,44 TB
- Optionen
- weniger Wellenlängenschritte für schnellere Kadenz oder geringeres Datenvolumen
- 2x2 Binning für besseres SNR und geringeres Datenvolumen
Struktur und Volumen von Daten
Spektrometerkanal:
- Intensitätsabbildung 12 Belichtungen = 0,4 GB; 12 Bilder Minimum. Es sollten mindestens 40 Bilder für eine adäquate Bildrekonstruktion aufgenommen werden.
- Doppler-Abbildung starke Linien - 51 Belichtungen = 1,6 GB, schwache Linien - 48 Belichtungen = 1,5 GB
- Polarimetrische Abbildung 352 Belichtungen pro Kanal = 2 x 11,8 GB = 23,6 GB
Kontinuumskanal:
Da zu jeder Belichtung im Spektrometerkanal simultan eine Belichtung im Kontinuumskanal gemacht wird, ist die Datenmenge 50% der des Spektrometerkanals.