Visible Tunable Filtergraph (VTF)
Überblick
Panorama-Aufnahme der im Aufbau befindlichen F1-Einheit des VTF im oberen Teil des VTF Labor am KIS. Das Labor erstreckt sich über 2 Etagen, damit VTF auch am KIS komplett aufgebaut und getestet werden kann. (Abbildung VTF/KIS)
Der Visible Tunable Filtergraph (VTF) ist ein abbildendes Spektro-Polarimeter für das neue US-amerikanische Daniel K.Inouye Solar Telescope(DKIST).
Das VTF erzeugt ein zweidimensionales Abbild der Sonnenoberfläche in einem sehr schmalen Wellenlängenbereich, mit welchem Absorptionslinien im sichtbaren Teil des Sonnenspektrum abgetastet werden. Das Ergebnis ist ein Datenwürfel mit zwei räumlichen und einer spektralen Dimension. Durch Veränderung des Polarisationszustandes der gemessenen Strahlung können Signaturen physikalischer Phänomenein der Sonnenatmosphäre, welche den Polarisationszustand verändern, nachgewiesen werden.
Das VTF wird seit 2010 am KIS entwickelt und wird dort zur Zeit in einem eigens für VTF eingerichteten Labor aufgebaut und in Betrieb genommen. Kernstück der Entwicklung sind dabei zwei optische Fabry-Perot Interferometer mit jeweils 250 mm freier Öffnung, die in dieser Größe und Präzision weltweit einmalig sind. Die Gesamtkosten für VTF betragen rund 12 Mio. EUR, wovon etwas mehr als die Hälfte vom Bundesministerium für Forschung (BMBF/Desy) und vom Baden-Württembergischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur (MWK) beigetragen werden. Das KIS leistet aus der Grundfinanzierung vor allem durch die Bereitstellung von spezialisierten Wissenschaftler*innen, Ingenieur*innen und Techniker*innen einen weiteren erheblichen Beitrag aus der Grundförderung. Die Fertigung des VTF erfolgt dabei zu großen Teilen in den Werkstätten und Laboren des KIS. Weitere Projektpartner mit finanziellen und personellen Beiträgen sind NSO/AURA, das Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung (MPS) in Göttingen und IRSOL in Locarno, Schweiz. Für die Entwicklung von neuen Technologien und Verfahren und bei der Fertigung von Baugruppen mit extremen Anforderungen an Genauigkeit und Material, arbeitet das VTF Projekt weltweit mit hoch spezialisierten Unternehmen und Instituten zusammen.
Das DKIST am 3052 m hohen Observatorium Haleakala bei Sonnenaufgang. Im Hintergrund Mauna Loa und Mauna Kea auf der Hauptinsel von Hawaii. (Abbildung VTF/KIS).
Mit einer Öffnung von 4 Metern ist das DKIST das mit Abstand größte Sonnenteleskop der Welt. Es wurde von einem Konsortium von 22 amerikanischen Forschungseinrichtungen mit finanzieller Unterstützung der US National Science Foundation unter der Führung des National Solar Observatory (NSO/AURA) im Zeitraum von 2007 bis 2020 auf der Hawaii-Insel Maui gebaut. Seit 2021 ist es unter Leitung von NSO im Betrieb. Der größte Beitrag zum DKIST von außerhalb der USA kommt mit dem VTF aus Deutschland. Durch diesen Beitrag erhalten Forscher und Forscherinnen des KIS und seiner Projektpartner privilegierten Zugang zum DKIST.
Die große Öffnung des DKIST ermöglicht die Beobachtung von Strukturen auf der Sonnenoberfläche, welche nur 20 km groß sind. Dazu muss eine leistungsfähige Adaptive Optik den Einfluss der Turbulenz in der Erdatmosphäre während der Beobachtung ausgleichen. Untersucht wird der sichtbare und infrarote Spektralbereich bis zu einer Wellenlänge von 5 µm. Wegen seines Designs als streulichtarmer Schiefspiegler kann das DKIST auch die solare Korona beobachten.