Kräftige Flüssigkeitsbewegungen transportieren die Energie in den äußeren Teilen der Sonne. Diese Bewegungen, die gemeinhin als Konvektion bezeichnet werden, sind die eigentliche Quelle des Sonnenzyklus und der magnetischen Aktivität von Sternen. Darüber hinaus tritt Konvektion bei praktisch allen Sternen in der Entwicklungsphase auf. Das Verständnis der Konvektion ist daher für einen Großteil der Astrophysik von größter Bedeutung.
In den letzten anderthalb Jahrzehnten hat sich gezeigt, dass unser Verständnis der solaren und stellaren Konvektion viel rudimentärer ist als bisher angenommen. Diese Tatsache wird als das Rätsel der Konvektion bezeichnet, welches zu einer großen Diskrepanz zwischen Sonnenbeobachtungen und aktuellen theoretischen und numerischen Modellen führt. Der Kern des konvektiven Rätsels besteht darin, dass die aktuellen numerischen Simulationen viel stärkere Strömungen auf großen Skalen erzeugen, die mit der Tiefe der solaren Konvektionszone vergleichbar sind, der so genannten Riesenzellenkonvektion. Solche Riesenzellen sind bisher auf der Sonne nicht beobachtet worden. Darüber hinaus haben die derzeitigen Simulationen Schwierigkeiten, großräumige Beobachtungen wie die differentielle Sonnenrotation und den Dynamozyklus zu reproduzieren. Das Projekt NeoCon („New Paradigm of Stellar Convection“) geht davon aus, dass der Grund für diese Schwierigkeiten darin liegt, dass die derzeitigen Modelle die wahre Natur der Konvektion in Sternen wie der Sonne nicht erfassen.
Hauptannahme des NeoCon-Projekts ist, dass die Tiefenkonvektion durch die Abkühlung an der Oberfläche verursacht wird. Damit weicht sie von der in Lehrbüchern verbreiteten Auffassung ab, nach der die Strömungen in der gesamten Konvektionszone durch ein instabiles Temperaturgefälle ausgelöst werden. Während Letztere in den derzeitigen Modellen leicht zu lösen ist, tritt Erstere in einer sehr dünnen Schicht der Oberfläche auf und kann nicht konsequent berücksichtigt werden. Ziel des Projekts ist die Entwicklung eines von der Sonnenbeobachtung inspirierten Modells der Teilgitter-Skalierung, das die Auswirkungen der Oberflächenabkühlung in globale Simulationen einbezieht und es Forschenden so ermöglicht, realistische Modelle von Sternen zu erstellen. Das Modell berücksichtigt den kühlen Entropieregen, der sich von der Oberfläche niederschlägt und zu einer hochgradig nichtlokalen Konvektionsdynamik führt, wie sie auch in Sternen vermutet wird. Die Erforschung dieser Phänomene kann zu einem Paradigmenwechsel in den Theorien der stellaren Konvektion und der Dynamos führen, mit möglichen Auswirkungen auf die stellare Struktur und Entwicklung. Im Rahmen des Projekts wird auch die magnetische Gegenreaktion auf die Konvektion als weitere mögliche Lösung des Konvektionsproblems untersucht.