SUNRISE III Mission gestartet auf seine Reise entlang des Polarkreises....

... aber leider wenige Stunden nach dem Start wegen eines mechanischen Schadens beim Abheben abgebrochen. Bleib dran!

 

Das ballongetragene 1m Sonnenteleskop SUNRISE III ist 10. Juli 2022 morgen früh vom Esrange Space Center, der Ballon- und Raketenbasis der Schwedischen Raumfahrtagentur (SSC) in Kiruna (Schweden), zum dritten Mal abgehoben. Es ist mit dem neuen Bildstabilisierungssystem ausgestattet, das vom Leibniz-Institut für Sonnenphysik (KIS) in Freiburg entwickelt und gebaut wurde, um die hohe Präzision des Teleskopbetriebs zu gewährleisten.

Der 4 bis 6 Tage dauernde Flug von Sunrise III nach Westen wird in einer Stratosphärenhöhe von etwa 35 km entlang des Polarkreises stattfinden. In den ersten Stunden nach dem Start durchläuft der Ballon Luftschichten mit stark unterschiedlichen Temperaturen, so dass sich danach zuerst wieder ein Gleichgewicht einstellen muss. In der Zeit werden sämtliche Systeme hochgefahren und getestet, damit zügig mit den wissenschaftlichen Beobachtungen begonnen werden kann. Während des Fluges steht der Ballon über ein satellitengestütztes System in Verbindung mit dem Kontrollzentrum in Kiruna, von wo die Beobachtungen gesteuert und überwacht werden. Die Beobachtungsdaten selber werden an Bord gespeichert und müssen nach einer Landung am Fallschirm, voraussichtlich im Norden Kanadas, mit dem Teleskop geborgen werden.

Wie bei den bereits sehr erfolgreichen Flügen von SUNRISE I und II in den Jahren 2009 und 2013 hat das Leibniz-Institut für Sonnenphysic (KIS) wieder die Bildstabilisierung und den Autofokus (Correlating-Wavefront-Sensor, CWS) zur Verfügung gestellt. Der technische Fortschritt erlaubte dem KIS-Team unter der Leitung des Projektwissenschaftlers Dr. Thomas Berkefeld mit einem neuen optischen und elektronischen Aufbau der Bildstabilisierung umfangreiche Verbesserungen. Um eine typische Gondelschwingung von einem Grad auf ein akzeptables Restschwingen von 0,005 Bogensekunden zu reduzieren (Faktor 700.000), wird ein zweistufiges System verwendet: Die grobe Bildstabilisierung wird durch eine vom Johns Hopkins Applied Physics Laboratory, USA, gelieferte Teleskopgondel durchgeführt, die Feinstabilisierung erfolgt durch ein vom KIS entwickeltes System aus sehr schneller Kamera, Steuerrechner und Kippspiegel, welcher 8000 mal pro Sekunde das Bildwackeln korrigiert. Zum Vergleich: 0,005 Bogensekunden entspricht etwa die Größe einer 1-Cent Münze in einer Entfernung von 400 km.

Der Start des Teleskops musste mehrfach verschoben werden infolge Lieferverzögerungen des Ballons – die andauernde Überlastung vieler Containerhäfen beeinträchtigt auch die wissenschaftliche Forschung – und später wegen der ungünstigen Wetterbedingungen vor Ort in Kiruna. Die technischen und wissenschaftlichen Teams aus Deutschland, Spanien, Japan und den USA hatten somit reichlich Zeit alle Systeme und die wissenschaftlichen Instrumente für ihre Mission vorzubereiten. Bei den Startvorbereitungen und während des Flugs leisten die Wissenschaftler und Ingenieure des KIS in Kiruna umfangreiche Unterstützung.

Im Sommer nördlich des Polarkreises zu fliegen ermöglicht ununterbrochene Beobachtungen für 24h am Tag (Mitternachtssonne). Der heutige Start kommt dazu noch gerade rechtzeitig, da gemäß der Windprognosen der NASA bei einem Start nach dem 10. Juli der Ballon zu weit nach Süden abdriften und damit die Sonne für Sunrise doch noch untergehen würde, was nicht nur die Zeitreihe unterbrechen würde sondern danach auch eine erneute thermische Stabilisierung erfordern würde.

Ziel der Sunrise III-Mission ist die Untersuchung der äußeren Sonnenatmosphäre mit einer Reihe weiterentwickelter und neuer Instrumente. An Bord sind jeweils ein Spektropolarimeter für den ultravioletten (Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung, Göttingen), den sichtbaren (spanisches Konsortium) und für den nahen infraroten (National Astronomical Observatory of Japan) Wellenlängenbereich des Lichts, mit denen die verschiedenen Schichten der Chromosphäre der Sonne und ihr Magnetfeld mit einer hohen zeitlichen Kadenz bei maximaler Bildschärfe untersucht werden können. Die Wissenschaftler der beteiligten Institute haben dazu in der Vorbereitungsphase der Mission eine große Zahl an Beobachtungsvorschläge eingereicht, die bewertet, priorisiert und in einen eng getakteten Beobachtungsplan für die gesamte Mission zusammengefasst wurden.

Da bei einer Flughöhe von 35 km fast keine atmosphärischen Störungen wie Luftturbulenzen mehr auftreten, wird SUNRISE III eine optimale Bildqualität aufweisen. Die sogenannte räumliche Auflösung des Teleskops ist so hoch, dass damit ein Paar Autoscheinwerfer aus 5000 km Entfernung als getrennt wahrgenommen würde. Weil die Ozonschicht größtenteils unterhalb von 35 km ist, kann SUNRISE auch im ultravioletten Wellenlängenbereich beobachten, was sonst nur mit wesentlich kleineren und teureren Sonnenteleskopen vom Weltall aus möglich ist.

Es ist geplant, soweit möglich koordinierte gleichzeitige Beobachtungen mit anderen bodengebundenen- und Weltraumteleskopen durchzuführen, u.a. mit dem 1,5m Sonnenteleskop GREGOR des KIS auf Teneriffa, und damit die Beobachtungen von SUNRISE III wissenschaftlich zu ergänzen.

Das ballongetragene Sonnenobservatorium Sunrise III ist eine Mission des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung (MPS, Deutschland) und des Johns Hopkins Applied Physics Laboratory (APL, USA). Maßgeblich an der Mission beteiligt sind ein spanisches Konsortium, das Nationale Astronomische Observatorium von Japan (NAOJ, Japan) und das Leibniz-Institut für Sonnenphysik (KIS, Deutschland). Das spanische Konsortium wird vom Instituto de Astrofísica de Andalucía (IAA, Spanien) geleitet und umfasst das Instituto Nacional de Técnica Aeroespacial (INTA), die Universitat de València (UV), die Universidad Politécnica de Madrid (UPM) und das Instituto de Astrofísica de Canarias (IAC). Weitere Partner sind das Wallops Flight Facility Balloon Program Office (WFF-BPO) der NASA und die Swedish Space Corporation (SSC). Sunrise III wird von der Max-Planck-Förderstiftung, der NASA unter Grant #80NSSC18K0934, dem spanischen FEDER/AEI/MCIU (RTI2018-096886-C5) und einem "Center of Excellence Severo Ochoa"-Preis an das IAA-CSIC (SEV-2017-0709) sowie dem ISAS/JAXA Small Mission-of-Opportunity-Programm und JSPS KAKENHI JP18H05234 unterstützt.

Kontakt:

Dr. Thomas Berkefeld, (Projektleiter), Thomas.Berkefeld@~@leibniz-kis.de

Prof. Dr. Svetlana Berdyugina (Geschäftsführende Direktorin Leibniz-Institut für Sonnenphysik), svetlana.berdyugina@~@leibniz-kis.de

Dr. Reiner Volkmer, (Leiter der Gruppe Sonnenteleskope), Reiner.Volkmer@~@leibniz-kis.de, 0761-3198-401

 

Leibniz-Institut für Sonnenphysik, www.leibniz-kis.de  

Schöneckstr.6

D-79104 Freiburg  

 

Zum Bild:

Sunrise-Teleskop am Haken des Kranfahrzeugs kurz vor dem Start (links), der Missionsballon bereit zum Abwurf (Mitte) und im Flug kurz nach dem Start (rechts). Bild: KIS, A. Bell.

Zum Video:

Der Start des Sunrise-III-Teleskops in die Stratosphäre. Video: KIS, A. Bell.

Zum Bild:

Sunrise-III-Mission steigt in die Stratosphäre auf... bevor sie ein paar Stunden später endet. Bild: KIS, A. Bell.

 

Sunrise-Teleskop am Haken des Kranfahrzeugs kurz vor dem Start (links), der Missionsballon bereit zum Abwurf (Mitte) und im Flug kurz nach dem Start (rechts). Bild: KIS, A. Bell.
Sunrise-III-Mission steigt in die Stratosphäre auf... bevor sie ein paar Stunden später endet.